Redispatch 2.0
Netzengpässe vermeiden - mit neuen Standards für den Datenaustausch zwischen Netz- und Anlagenbetreibern
Überblick
Mit Wirkung zum 01.10.2021 wird von der Bundesnetzagentur (BNetzA) ein einheitliches Redispatch-Regime eingeführt, das sog. Redispatch 2.0. Es dient der Verbesserung der Netz- und Systemstabilität in den Verteilernetzen. Von der Neuregelung sind alle Stromerzeugungs- und Stromspeicheranlagen ab einer Leistung von 100 kW betroffen.
Bisher wurden die Grundsätze zum Einspeisemanagement (EISMAN) für Erneuerbare-Energien-(EE) und Kraft-Wärme-Kopplungs-(KWK)-Anlagen in dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz und im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz beschrieben. Diese werden mit dem Inkrafttreten von Redispatch 2.0 in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) integriert.
Mit Redispatch 2.0 sollen die Gesamtkosten aus dem konventionellen Redispatch und dem Einspeisemanagement optimiert und damit die Netzentgelte gesenkt werden.
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Hintergrund
Der Anteil von EE- und KWK-Anlagen an der Stromproduktion steigt kontinuierlich. Auf Grund witterungsbedingter Schwankungen erzeugen EE-Anlagen nicht gleichmäßig Energie. Hinzu kommt, dass die Übertragungskapazität des Stromnetzes teilweise begrenzt ist. Somit steigt die Wahrscheinlichkeit von temporären Netzengpässen.
Diesen Engpässen wurde bisher u. a. durch Einspeisemanagement begegnet, das heißt, die Einspeiseleistung von Erzeugungsanlagen wurde nach §13 Abs. 2 EnWG unmittelbar reduziert. Zukünftig wird auf Basis eines erweiterten Informationsaustausches zwischen Anlagen- und Netzbetreibern ein vorausschauendes, kostenoptimiertes Engpassmanagement (Redispatch 2.0) umgesetzt.
Die für Redispatch 2.0 notwendigen Regelungen wurden im Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG 2.0) beschlossen, das am 17. Mai 2019 in Kraft getretenen ist. Betroffen sind Prozesse zur Datenbereitstellung, zum Datenaustausch und zur Ermittlung sowie Umsetzung von Redispatch-Maßnahmen sowie deren Bilanzierung. Die Prozesse sind ab dem 01.10.2021 umzusetzen – sowohl durch die Netzbetreiber als auch durch die Anlagenbetreiber von Stromerzeugungs- und Stromspeicheranlagen mit einer Leistung ab 100 kW.
Der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft e. v. (BDEW) hat Anwendungshilfen zu den Themen Datenaustausch, Abrechnung und Bilanzierung sowie die Branchenlösung Redispatch 2.0 vorbereitet und veröffentlicht. Die Branchenlösung dient als Grundlage für Festlegungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) zum bilanziellen Ausgleich und zum erforderlichen Informationsaustausch.
Beschlüsse der Bundesnetzagentur
Festlegungsverfahren zum bilanziellen Ausgleich
Festlegungsverfahren zur Netzbetreiberkoordinierung
Festlegungsverfahren zur Informationsbereitstellung
Mitteilungen der Beschlusskammer 6
Das Projekt Redispatch 2.0 im BDEW
Häufig gestellte Fragen und Antworten (PDF)
Hinweis für Anlagenbetreiber zur Marktpartner-ID
Anwendungshilfe für die Umsetzung der neuen Redispatch2.0-Prozesse
Aktuelles zu Redispatch 2.0
Informationen des Netzbetreiberprojektes
FAQ
Downloads
alle Informationen zu Connect+
Änderungen für Anlagenbetreiber
Anlagenbetreiber erhalten im Kontext Redispatch 2.0 zwei neue Rollen:
- Betreiber einer Technischen Ressource (BTR)
- Einsatzverantwortlicher (EIV).
Der Betreiber einer Technischen Ressource (BTR) ist für den Betrieb der Erzeugungsanlage oder des Speichers verantwortlich. Der Einsatzverantwortliche (EIV) übernimmt die Planung und Einsatzführung einer Technischen Ressource und übermittelt die Fahrpläne an den Netzbetreiber. Beide Rollen können einem oder unterschiedlichen Dienstleistern übertragen werden, beispielsweise die Rolle des EIV einem Direktvermarktungsunternehmen. Dieses übernimmt dann die vom Anlagenbetreiber umzusetzenden Datenaustauschprozesse.
Damit die sichere und eindeutige Marktkommunikation im Redispatch 2.0 für alle Marktpartner gewährleistet werden kann, wurden neue Begriffe und BDEW-Codes eingeführt (Technische Ressource – TR / Steuerbare Ressource – SR). Die TR bezieht sich auf die Erzeugungseinheit. Die gemeinsam über eine technische Einrichtung steuerbaren TRs werden als SR zusammengefasst. Für jede TR sowie für jede SR wird eine neue Redispatch-ID genutzt. Der Anschlussnetzbetreiber, also wir als Stadtwerke Elbtal, ordnen den jeweiligen Einheiten (TR / SR) die IDs zu und teilen diese dem Anlagenbetreiber mit.
Gemäß Festlegung der BNetzA kommen zwei Bilanzierungsmodelle für den Redispatch 2.0 von Stromerzeugungs- und Stromspeicheranlagen zur Anwendung: Das Planwertmodell und das Prognosemodell. Jede Anlage ist einem der beiden Modelle zuzuordnen. Beide Modelle unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich der Erstellung der auf eine TR bzw. SR bezogenen Erzeugungsprognose.
Achtung Anpassung durch BDEW (August 2021):
Der für die Bilanzierung notwendige Informationsaustausch für Anlagen im Planwertmodell ist noch nicht im erforderlichen Umfang definiert bzw. in die Prozesse eingearbeitet. Aus diesem Grund wurde für Anlagen im Planwertmodell ein Übergangsmodell (gültig vs. bis 01.10.2022) definiert - Prognosemodell mit Planungsdatenlieferung.
Anlagenbetreiber bzw. deren Einsatzverantwortliche werden aktiv in den Redispatch 2.0-Prozess involviert. Denn sie sind gesetzlich verpflichtet, die nachfolgend aufgeführten Teilprozesse umzusetzen.
Für die Technischen und Steuerbaren Ressourcen sind ausgewählte Stammdaten zu übermitteln. Dies erfolgt sowohl initial zur Erstbefüllung der Redispatch-Systeme der Netzbetreiber als auch laufend bei Änderungen der relevanten Stammdaten.
Planwertmodell
Der Einsatzverantwortliche erstellt einen Anlagenfahrplan (15 min-Zeitreihe) und übermittelt diesen mindestens 1 x täglich, bis spätestens 14:30 Uhr für den Folgetag an den Anschlussnetzbetreiber. Aktualisierungen innerhalb des laufenden Tages sind möglich. Zusätzlich sind anlassbezogen Zeitreihen zur Nichtbeanspruchbarkeit der Anlage zu melden.
Prognosemodell
Die Erzeugungsprognose wird durch den Anschlussnetzbetreiber erstellt. Der Einsatzverantwortliche übermittelt anlassbezogen Zeitreihen zur Nichtbeanspruchbarkeit bzw. zu marktbedingten Anpassungen der Erzeugungsanlage.
Prognosemodell mit Planungsdatenlieferung
Die Anlagen befinden sich grundsätzlich im Prognosemodell und es gelten die für dieses Modell relevanten Datenlieferungspflichten (Nichtbeanspruchbarkeiten, marktbasierte Anpassungen). Es können jedoch zusätzlich Fahrpläne geliefert werden, welche bei kontinuierlicher Übertragung und korrektem Inhalt bei der Abrufdimensionierung durch den Anschlussnetzbetreiber berücksichtigt werden.
Für nichtfluktuierende Anlagen ist auch in diesem Fall eine Spitzabrechnung möglich.
Die Stamm- und Planungsdaten werden als standardisierte XML-Dateien verschlüsselt und gesichert übermittelt – so legt es die BNetzA fest. Über einen DataProvider werden die Daten an den Netzbetreiber gesendet. Dafür setzen die Stadtwerke Elbtal auf den DataProvider Connect+. Der DataProvider verteilt bzw. leitet Informationen an die jeweiligen Akteure weiter und unterstützt so maßgeblich die Umsetzung der Redispatch-Prozesse.
Duldungsfall
Die Fernsteuerung durch den Netzbetreiber erfolgt vorzugsweise über die für das Einspeisemanagement genutzte technische Einrichtung.
Aufforderungsfall
Der Einsatzverantwortliche passt eigenständig die Leistung bzw. Anlagenfahrweise auf Basis von sog. Aktivierungsdokumenten an. Dabei wird die notwendige Leistungsanpassung als 15 min-Zeitreihe vom Netzbetreiber an den Einsatzverantwortlichen über die Plattform Connect+ übermittelt.
Änderungen für Netzbetreiber
Zukünftig wird nicht mehr nur ad-hoc auf Engpässe im Netz reagiert. Notwendige Maßnahmen werden auf Basis von Einspeiseprognosen und übermittelten Fahrplänen von Erzeugungsanlagen mit einem Planungshorizont von mehreren Stunden bis wenigen Minuten vorab bestimmt. Weiterhin werden zusätzliche Prozesse etabliert, um bilanzielle und energetische Ausgleichsmaßnahmen umzusetzen.
Häufig gestellte Fragen
Ausgangspunkt sind die gesetzlichen Regelungen in §§ 13 ff. des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in der Fassung ab 01.10.2021. Ergänzt werden diese Bestimmungen durch administrative Entscheidungen (sogenannte Festlegungen) der Bundesnetzagentur.
Die Durchführung einer Redispatch-Maßnahme, d.h. die Steuerung der Erzeugungsleistung, gilt für alle Stromerzeugungs- oder Stromspeicheranlagen größer 100 kW sowie für alle weiteren Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung von Strom (unabhängig von ihrer Leistung), die jederzeit durch den Netzbetreiber fernsteuerbar sind.
Die Datenmitteilungspflichten gelten jedoch grundsätzlich nur für Anlagen mit einer Leistung ab 100 kW. Betreiber von Anlagen mit einer Leistung von weniger als 100 kW treffen also zunächst keine neuen Pflichten.
Nein. Es müssen grundsätzlich alle betroffenen Anlagen am Redispatch 2.0 teilnehmen (siehe dazu die Frage zum Anwendungsbereich). In bestimmten Fällen können Anlagenbetreiber aber angeben, dass ihre Anlage nicht zum Redispatch 2.0 zur Verfügung steht, beispielsweise bei Wartungsmaßnahmen und im Falle des Eigenverbrauchs des selbst erzeugten erneuerbaren Stromes. Die entsprechenden Meldungen müssen im Rahmen des standardisierten Datenaustauschprozesses erfolgen.
Folgende wesentliche Aufgabe und Pflichten sind durch die Anlagenbetreiber zu erfüllen:
- Abstimmung der grundsätzlichen Angaben bis 31.08.2021
- Benennung eines Einsatzverantwortlichen (EIV), falls diese Rolle nicht durch den Betreiber selbst vorgenommen wird
- Bestätigung der Zuordnung Technische- zu Steuerbare Ressource
- Festlegung des Bilanzierungsmodells (Planwert- oder Prognosemodell)
- Festlegung des Abrechnungsmodells (Spitz, Spitzlight, Pauschal)
- Festlegung der Abrufart für die Leistungsreduzierung (Aufforderungsfall oder Duldungsfall)
- Registrierung bei Connect+ und Bereitstellung von Stammdaten über Connect+ bis 31.08.2021
Teilnahme an Redispatch 2.0 spätestens ab dem 29.09.2021 um 14:30
- Bereitstellung von Planungsdaten (nur im Planwertmodell) über Connect+
- Bereitstellung von Nichtbeanspruchbarkeiten über Connect+
- Bereitstellung von marktbedingten Anpassungen (nur bei Prognosemodell) über Connect+
- Abruf der Einspeiseanlage durch Netzbetreiber im Duldungsfall
- Anweisung zum Abruf der Einspeiseanlage über Connect+ im Aufforderungsfall
- Ein für Anlagenbetreiber wesentlicher Prozess im Redispatch 2.0 ist der Basisdatenaustausch, in dem der Austausch von anlagenspezifischen Stammdaten und von Planungsdaten definiert ist.
Dabei werden die Datenaustauschprozesse für die Marktrollen Netzbetreiber und Einsatzverantwortlicher beschrieben. Die Rolle des Einsatzverantwortlichen kann vom Anlagenbetreiber selbst oder einem von ihm beauftragten Dienstleister übernommen werden.
Der Einsatzverantwortliche (EIV) ist die durch den Anlagenbetreiber der Stromerzeugungs- oder Stromspeicheranlagen gegenüber dem Netzbetreiber benannte juristische Person, die im Namen des Anlagenbetreibers notwendigen Abstimmungen im Rahmen des Redispatch 2.0 führt. Die Rolle des EIV umfasst die Planung und Einsatzführung einer technischen Ressource und den Austausch von Stamm- und Planungs- bzw. Bewegungsdaten mit dem Netzbetreiber.
Die Rolle des EIV wird vom Anlagenbetreiber wahrgenommen, soweit dieser keinen Dritten mit der Wahrnehmung beauftragt. Sofern die Rolle des EIV an einen Dienstleister, z.B. Direktvermarkter, delegiert ist, hat uns der Anlagenbetreiber die Kontaktdaten des EIV bis zum 31.08.2021 mitzuteilen.
Für die Bestimmung der Ausfallarbeit stehen im Prognosemodell grundsätzlich drei Abrechnungsvarianten zur Verfügung:
- Spitzabrechnung (Nutzung von gemessenen Wetterdaten der Anlage)
- vereinfachte Spitzabrechnung (Nutzung von Referenzmesswerten oder Wetterdaten für den Standort)
- Pauschal-Abrechnung (Fortschreibung der Einspeisung in der letzten Viertelstunde vor der Redispatch-Maßnahme)
Für die Bestimmung der Ausfallarbeit stehen im Planwertmodell grundsätzlich zwei Abrechnungsvarianten zur Verfügung:
- Spitzabrechnung (Ex-ante-Fahrplan)
- Pauschal-Abrechnung (Fortschreibung der Einspeisung in der letzten Viertelstunde vor der Redispatch-Maßnahme)
Die Festlegung auf eine Abrechnungsvariante erfolgt für jede Anlage durch den Anlagenbetreiber bis zum 30.11. eines Jahres für das folgende Kalenderjahr. Die initiale Zuordnung zum 01.10.2021 zu einer Abrechnungsvariante bei Bestandsanlagen erfolgt durch den Anschlussnetzbetreiber, wenn nicht der Anlagenbetreiber bis zum 30.06.2021 eine Festlegung vornimmt.
Die Bundesnetzagentur hat verbindlich festgelegt, dass die Datenmitteilungspflichten grundsätzlich in einem speziellen, für die Energiewirtschaft konzipierten Format zu erfüllen sind. Anlagenbetreiber können uns die Daten also nicht formfrei mitteilen. Mehr Informationen zu den notwendigen Formaten für den Datenaustausch im Redispatch 2.0 sind in der „Mitteilung Nr. 16 zu den Datenformaten zur Abwicklung der Marktkommunikation“ der Bundesnetzagentur einsehbar.
Zum Austausch von Informationen zwischen Einsatzverantwortlichen und Netzbetreibern wurde im Rahmen eines Kooperationsprojektes aus diversen deutschen Netzbetreibern eine Plattform entwickelt, welche die Kommunikationsprozesse als Single-Point-Of-Contact abwickeln soll. Es handelt sich hierbei um die RAIDA-Plattform, die durch Connect+ entwickelt und betrieben wird. Die Plattform ist in zwei Bereiche geteilt. Zum einen das Postverteilkonzept (PVK) und zum anderen das Netzbetreiberkoordinationskonzept (NKK).
Das PVK dient zum Informationsaustausch zwischen EIV und Netzbetreibern. Entsprechend ist es erforderlich, dass Sie (sollten Sie die Funktion des EIV übernehmen), oder ihr Einsatzverantwortlicher, eine Anbindung aufbauen.